Als Heilmittel ist Moor aus Bad Schmiedeberg nicht wegzudenken. Es ist aber weit mehr: ein faszinierender Lebensraum und Klimaschützer von größter Bedeutung.
Das Schmiedeberger Moor hat die ehemalige Garnisonsstadt in eine neue Zukunft geführt. Ohne das natürliche Heilmittel wäre es 1878 nicht möglich gewesen, die Grundsteine für einen Kurort zu legen. Das Eisenmoorbad wäre nicht das Eisenmoorbad.
Den außerordentlich hohen Gehalt an mineralischen Wirkstoffen bescheinigten schon damals wissenschaftliche Gutachten. Heute weiß man zudem, dass auch organische Bestandteile insbesondere in der Frauenheilkunde (z.B. bei Endometriose oder Kinderwunsch-Behandlungen) bedeutend sind.
So wichtig das Moor für Bad Schmiedeberg als Heilmittel ist, als Lebensraum erfüllen Moorgebiete zwei zentrale Aufgaben: Einerseits fühlen sich hier seltene Tier- und Pflanzenarten wohl, Moore leisten also einen Beitrag zur Artenvielfalt. Und andererseits speichert der wasserreiche Untergrund so viel Kohlenstoff wie kein anderer Lebensraum – und das über Jahrtausende, wenn nicht eingegriffen wird. Für den Klimaschutz spielen Moore entsprechend eine entscheidende Rolle.
Moor-Kräuter-Achse: kleiner Schaugarten der Vielfalt
Einen kleinen Einblick in die faszinierende Welt der Moore bietet die Moor-Kräuter-Achse im Kurpark. Drei Hochbeete, in denen verschiedene Moor-Typen nachgebildet sind, wechseln sich hier mit vier Beeten, die weitere Vegetationstypen vertreten, ab. Auf einen Blick sind dies in der Reihenfolge, wie Sie die Beete auch im Kurpark vorfinden:
Felssteppe
In alpinen Regionen müssen sich Pflanzen den rauen Bedingungen anpassen. Hier finden sich Spezialisten, die in der mageren, steinigen Erde der Trockenheit und den Winden trotzen: Gräser, Zwergsträucher und Polsterpflanzen. Bereits im Januar blühen zudem Christrosen und Alpenveilchen.
Kalkmoor
Als Niedermoor-Variante werden solche Moore hauptsächlich von nährstoffarmem aber kalkreichem Grundwasser gespeist. Die Charakterarten dieses Vegetationstypes sind verschiedene kleine Seggen, Ried- und Wollgräser, Simsenlilie und weitere kalkliebende, an die Nährstoffarmut angepasste Pflanzen. Den Höhepunkt bildet im Juni die Blüte der verschiedenen Knabenkraut-Orchideen.
Duft-Beet
Dieses Beet schlägt die Brücke zur fünften Säule von Sebastian Kneipps Gesundheitskonzept, der Lebensordnung, heute auch oft «Innere Balance» genannt. Die ätherischen Öle haben eine wohltuende Wirkung auf uns. Lassen Sie sich also von den vielfältigen Düften überraschen.
Hochmoor
Hochmoore sind nur in niederschlagsreichen Klimaten zu finden, da sie von Regenwasser gespeist werden. Die Verbindung zum Grundwasser fehlt. Torfmoose bedecken weite Bereiche, türmen sich hoch auf und säuern das umgebende Milieu an. Fleischfressende Pflanzen wie der heimische Sonnentau und die amerikanische Schlauchpflanze decken ihren Nährstoffbedarf über Insekten ab. Heidekrautgewächse wie Moos- und Preiselbeere oder Lorbeer- und Rosmarinheide leben in Symbiose mit Pilzen, die die Nährstoffaufnahme der Pflanzen unterstützen. Daneben finden sich Wollgräser, Seggen oder Zwergbirken.
Wald- und Wiesen-Beet
Diese Vegetation ist uns wohl am besten vertraut. Hier finden sich viele der heimischen Heilpflanzen, die in der Phytotherapie nach Sebastian Kneipp bis heute erfolgreich angewendet werden, z.B. Brennnessel, Eibisch, Beinwell, Süßdolde, Schafgarbe, Spitzwegerich oder Melisse. Daneben haben essbare Pflanzen wie Erdbeeren, Giersch, Berberitze und die nordamerikanische Aronia hier ihren Platz.
Reichmoor
Reichmoore entstehen in Verlandungsmooren von Seen, auf vernässten Wiesen, im Quell- und Überflutungsbereich von Flüssen oder in Waldsümpfen. Sie sind nährstoffreich und bieten Lebensraum für eine große Artenvielfalt. Hochstaudenfluren mit Wasserdost, Mädesüß, Kuckucks-Lichtnelke, Weideröschen und Sumpf-Schwertlilien sind hier typisch. Sumpfdotterblumen, Hechtkraut und Wasserfeder siedeln an den offenen Wasserbereichen.
Steppen- und mediterranes Beet
Das Beet wird durch ein Lavendelfeld in zwei Bereiche geteilt. Im Steppenbereich wachsen viele Pflanzen, die in unseren Breitengraden Erstbesiedler von gestörten Böden sind, wie Beifuß, Johanniskraut oder Wegwarte. Im mediterranen Beetteil finden sich charakteristische Arten für das subtropisch-mediterrane Klima, sogenannte Hartlaubgewächse. Man erkennt sie an den immergrünen ledrigen und wachsüberzogenen Blätter, da sie oft lange Trockenzeiten aushalten müssen. Viele von ihnen duften aromatisch wie Rosmarin, Salbei oder Fenchel.
Neue Sommerblütenpracht geplant
Im Unterhalt sind die Moor-Beete anspruchsvoll, wie Constanze Zepperitz, Leiterin Garten- und Parkpflege des Eisenmoorbades, sagt: «Die Vegetation ist ausgesprochen dynamisch und es gilt, die Balance zwischen den unterschiedlichen Pflanzenarten zu erhalten. Vor allem die sensiblen Arten müssen wir sorgfältig schützen und die kurzlebigen, wuchernden Pflanzen im Zaum halten.»
Angelegt wurde die Moor-Kräuter-Achse vor rund 20 Jahren im Zusammenhang mit der Prädikatisierung des Eisenmoorbades als Kneipp-Heilbad. Mit dabei war damals auch Prof. Wolfram Kircher von der Hochschule Anhalt als ausgewiesener Moor-Experte. Bei einem Augenschein vor Ort Anfang Mai unterstrich er die Bedeutung der Schauflächen, um den Vorbeispazierenden die wesentlichen Moortypen näher zu bringen. Zudem brachte er Vorschläge mit für die weitere Entwicklung der Moorbereiche. Für alle Kurpark-Besucher bedeutet dies: Sie können sich künftig über eine noch größere Blütenpracht im Sommer freuen!
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Autorin: Bettina Bichsel bloggt für das Eisenmoorbad rund um Lesenswürdiges, Medizinisches, Gesundes und Kneipp-Spezifisches.
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