Wenn sich Wissenswertes mit Unterhaltsamem verbindet

Es waren bewegte Zeiten, als dem Heidemönch Roland sein eigener Enthusiasmus zum Verhängnis wurde. Fasziniert von den Lehren Martin Luthers leistete er den Schwur, in der Dübener Heide jede und jeden zu bekehren. „Und wenn es nicht gelingt, sei ich verdammt, bis das Versprechen erfüllt ist“, beschwor der Heidemönch.

So groß sein Wille auch war, die selbst auferlegte Aufgabe zu erfüllen. Immer gab es den ein oder anderen Zweifler, der sich nicht belehren ließ. Und so kommt es, dass der Heidemönch noch heute unterwegs ist in der Dübener Heide und den umliegenden Orten. Die Redefreude über den Reformator und dessen Thesen hat in dieser Zeit nicht abgenommen. Aber längst sind weitere Geschichten hinzugekommen. Denn in all den Jahren hat der Heidemönch so einiges erfahren, ob selbst erlebt oder nur gehört. Und so ist Roland in geselligen Runden und bei Wandertouren ein viel geladener Gast, der über alles spricht, was ihm zu Augen und Ohren gekommen ist – über Unglaubliches, Gruseliges und Unterhaltsames, aber auch über die Vielfalt der Flora und Fauna der Heide.

Wieso es ohne Robin Hood den Heidemönch nicht gäbe

Oder kam doch alles ganz anders?

Sicher ist, der Heidemönch kennt sich aus in der Region. Schon als Kind hat Roland Gempe, der dem Heidemönch das Leben eingehaucht hat, mit seiner Familie zahlreiche Ferientage hier verbracht. Und 2007, als der gelernte Ökonom vorübergehend ohne Arbeit war und ihm, wie er sagte, „die Decke auf den Kopf fiel“, packte er die Chance und ließ sich in dem vom Naturpark Dübener Heide neu lancierten Angebot zum Naturparkführer ausbilden.

Die Idee zum Heidemönch entstand, weil die Ausbilder zu einem Alleinstellungsmerkmal rieten – „und weil man in der Arbeitslosigkeit viel Zeit hat, fernzusehen“, so Roland Gempe. Die Inspiration kam aus Filmen wie Der Name der Rose oder Robin Hood. In Letzterem war es Bruder Tuck, der dem Heidemönch Pate stand – der leutselige, Speis und Trank nie abgeneigte Mönch, der den König der Diebe nach eher unfreundlichem Erstkontakt loyal und schlagkräftig bei seiner Mission unterstützte. Beim Karneval schlüpfte Roland Gempe erstmals in die Kutte und kurz darauf war der Heidemönch Roland definitiv geboren (und bald auch als Marke geschützt).

„Für eine Stunde die Schmerzen vergessen“

Die Geschichte, die von seinem Erfinder um ihn gewoben wurde, reiht sich ein in eine ganze Reihe von Mythen, Sagen und Legenden aus der Dübener Heide, die zugleich Titel eines der Programme sind, mit dem der 66-Jährige auch im Eisenmoorbad seit bald 15 Jahren Kurgäste und Patienten unterhält. Im Rückblick erinnert er sich an die Anfangsphase, als am Veranstaltungsabend gerade mal eine Frau auftauchte und meinte, dass sie dann wohl auch wieder gehe, weil er ja bestimmt nicht für nur eine Zuschauerin alleine auftrete. „Da habe ich sie zurückgehalten und gesagt: Ich spiele für Sie genauso wie für 20 oder 30 Leute“, erzählt der Heidemönch. „Und sie war so gerührt und hat sich so gefreut. Das sind Momente, wo du merkst, dass du jemanden sehr glücklich machst. Und das wiederum führt zu einer Rückkoppelung und macht mich ebenso glücklich.“

Heute kommt es eher vor, dass Gäste immer wieder kommen. Und zu den schönsten Komplimenten überhaupt gehörte die Reaktion eines Patienten, der meinte: „Das war so interessant und unterhaltsam, ich konnte für eine Stunde meine Schmerzen vergessen.“

Naturliebhaber durch und durch

Neben den fast wöchentlichen Abendunterhaltungen führt der Heidemönch die Kurgäste auch über den Barfußweg und natürlich durch die Dübener Heide. Für ihn zu den beeindruckendsten Orten gehört der Zadlitzbruch, ein Moorgebiet mit sehr saurem Klima, in dem zahlreiche seltene Pflanzen und Tiere zu finden sind. Dazu gehören beispielsweise der fleischfressende Sonnentau oder der Moorfrosch.

Roland Gempe geht es bei seiner Tätigkeit darum, Wissensvermittlung mit Unterhaltsamem zu verbinden: „Ich mache keine Comedy, gebe aber auch keine wissenschaftlich-theoretischen Vorträge. Wenn jemand mehr Fachliches wünscht, verweise ich an Kollegen.“ Eine der Herausforderungen ist es, auf verschiedene Altersgruppen einzugehen. Aber ob jung oder alt, ein Aspekt bleibt immer gleich: „Man muss die Spannung und das Interesse hochhalten. Wenn man anfängt zu labern, hört keiner mehr zu. Vielleicht haben Erwachsene die Disziplin und Höflichkeit, noch ein bisschen länger dabeizubleiben. Aber Kinder drehen sich einfach um und fangen an zu spielen.“

Kinder bewegen Roland Gempe auch, wenn er nicht als Heidemönch unterwegs ist, sei es sein Enkelkind oder die Schülerinnen und Schüler, mit denen er im Schulgarten-Unterricht Hochbeete bepflanzt, Getreide anbaut oder Salat, Kohlrabi und Bohnen sät. Denn als Naturliebhaber und passionierter Kleingärtner ist ihm etwas besonders wichtig: „Ich sehe es als Verpflichtung der älteren Generation, dass wir das Wissen an Jüngere weitergeben, damit nichts verloren geht.“

Informationen zu den nächsten Abenden mit dem Heidemönch finden Sie im Veranstaltungskalender des Eisenmoorbades. Alles Weitere über Roland Gempe und seine Tätigkeit erfahren Sie auf seiner Webseite.

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Autorin: Bettina Bichsel bloggt für das Eisenmoorbad rund um Lesenswürdiges, Medizinisches, Gesundes und Kneipp-Spezifisches. 

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