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Der lange Weg zum Erfolg – und der tiefe Fall

Zeit, sich auf den Lorbeeren auszuruhen, gab es in der Geschichte des Eisenmoorbades kaum. Zu schnell folgten auf erreichte Höhen immer wieder neue Tiefen. Ein kleiner Blick in die Vergangenheit, Teil I.

Über die bewegte Geburtsstunde des Eisenmoorbades haben wir an dieser Stelle bereits berichtet. Der Enthusiasmus nach der Gründung 1878 war groß – die Herausforderungen allerdings genauso. Klar ist von Beginn weg, dass zwei provisorisch ausgestattete Baderäume und ein mit Kohle beheiztes Waschhaus der Neupositionierung als Moorbad nicht zur Ehre gereichen würden. Zu den ersten Anschaffungen gehört deshalb ein Dampfkessel mit modernem Pumpsystem. Nach und nach werden die Räume erweitert, das Inventar ausgebaut und erste Grünflächen zur Erholung geschaffen. Ein Jahr nach der Eröffnung werden so immerhin schon 1.200 Bäder verzeichnet.

Die nächst größeren Schritte – der Bau einer richtigen Badeanstalt auf dem Gelände der ehemaligen Reitbahn und ein praktikables Wasserzufuhr- und -ableitungssytem – sind bereits mit Widerständen und Schwierigkeiten verbunden. Dennoch geht es kontinuierlich voran. In der bisherigen Badehalle entstehen Logierzimmer, Restaurant und Kursaal. 1883 sind die Verantwortlichen denn auch äußerst zufrieden: 360 Gäste werden betreut und bereits über 5.000 Bäder eingelassen.

Kurze Zeit später erfolgt ein Wechsel an der Spitze der Stadt – und mit dem neuen Bürgermeister kommen neue Pläne. Die Anlage wird renoviert und ein richtiger Kurpark entsteht. Allerdings wohl eher vor dem Hintergedanken, das Moorbad zu privatisieren. Ein Interessent wäre da, doch letztlich platzt der Deal. Die Pläne des Investors, der insbesondere eine Zigarrenfabrik im neu etablierten Kurort bauen will, behagen der Stadt dann doch nicht. Zum Glück für Bad Schmiedeberg, denn die Investitionen haben sich gelohnt, die Gäste werden immer zahlreicher. Und das trotz eines neuen Konkurrenzunternehmens, einer Heilanstalt, die in den 1890er Jahren mitten im Ort ihre Türen öffnet.

Besonders erinnerungswürdig ist das Jahr 1895: Erstmals wird die Grenze von 1.000 Kurgästen geknackt, und auch die Zahl von 12.000 verordneten Bädern darf sich sehen lassen. Aber noch mehr Grund zum Feiern gibt der neu eingeweihte Bahnhof, der den Kurort endlich an das Schienennetz anschließt und dessen Erreichbarkeit steigert. Der Zeitpunkt ist perfekt. Zwei Jahre später findet nämlich die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung in Leipzig statt. Das Eisenmoorbad kann nun kräftig die Werbetrommel rühren, tut dies auch ordentlich und heimst sich dafür tatsächlich die Silbermedaille „für anerkennungswerte Einrichtungen und Leistungen“ ein.

Mit dieser Auszeichnung in der Tasche blickt das Eisenmoorbad seiner Blütezeit entgegen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schlagen über 2.000 Kurgäste und 20.000 Bäder zu Buche. Die medizinischen Einrichtungen werden ergänzt für neue Anwendungen wie Lichtbäder und Vibrationsmassagen. Hinzu kommt ein Gerät, das für Trinkkuren, Bäder oder Inhalationen Wasser mit Radon anreichert. Damit unterstreicht das Eisenmoorbad seinen Ruf als medizinisch moderner Kurort – mit Erfolg: Der Brockhaus hebt Bad Schmiedeberg in seiner Jubiläumsausgabe 1908 in den erlauchten Kreis der bedeutendsten Kurorte in Deutschland und Österreich. Wichtiger Meilenstein dafür ist nicht zuletzt das prächtige Kurhaus, das ein Jahr zuvor nach langer Leidensgeschichte endlich seinen Betrieb aufgenommen hat.

Aber auch weitere Attraktionen sorgen für Anziehungskraft: Feierlichkeiten wie das Margarethenfest, Konzerte, das hauseigene Kurtheater (ab 1909), kostenlose Übernachtungsangebote für Wanderer und Radfahrer, der Aussichtsturm in der Dübener Heide. Und auch Bad Schmiedeberg selber hat sich rausgeputzt, die Straßen erneuert, Gebäude und Fassaden verschönert.
Doch der Krieg steht vor der Tür. 1914 geht zwar noch als bisher längste Kursaison in die Geschichte des Eisenmoorbades ein, und im Vergleich zu anderen, bereits geschlossenen Kurorten werden immer noch Gäste empfangen. In den Folgejahren wird der Kurbetrieb dann aber vollends in ein Lazarett umfunktioniert. 100 bis 150 Verletzte werden nun behandelt und betreut. Die ausgelassenen, erfolgreichen Jahre sind in weite Ferne gerückt.

Und auch die Nachkriegsjahre gestalten sich schwierig. Der Versuch, vor allem wieder Touristen und Ausflügler anzulocken, scheitert. Erschwerend hinzu kommt die ortsinterne Bäderkonkurrenz zwischen dem Kaiserbad und dem Eisenmoorbad, Querelen in der Stadtverwaltung sowie die ansässigen Ärzte, die sich gerichtlich gegen eine erneute Einberufung eines Badearztes wehren, weil sie die Badegäste weiterhin für sich beanspruchen. Zudem ist das früher so moderne Bad heruntergekommen. In einer Umfrage zum 50. Jubiläum im Jahr 1928 etwa wird zwar dem medizinischen Personal ein gutes Zeugnis ausgestellt und der Kurpark gelobt. Ansonsten sind die Gäste mit ihrer Kritik wenig zurückhaltend.
Trotzdem bleiben die dringend nötigen Sanierungen aus. Und mit der Wirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre werden die Gäste noch weniger. Daran vermag auch der eigens produzierte Werbefilm „Zwischen Heide und Moor“ nichts zu ändern. 1933 steht das Eisenmoorbad vor dem Aus.

Wie es weitergeht, lesen Sie im zweiten Teil des historischen Rückblicks. Einen detaillierten Einblick in die komplexe Geschichte von Bad Schmiedeberg geben zudem Monika und Klaus Linke in ihrem Buch „Eisenmoorbad. Die Geschichte eines deuten Heilbades“. Das Buch ist 2003 anlässlich des 125-Jahr-Jubiläums erschienen.

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