Sand unter den Füßen

„Die schönsten Erinnerungen sammelt man barfuß.“ Ich erinnere mich, irgendwann einmal diesen Spruch aufgeschnappt zu haben, als ich hinter dem Kneipp-Therapiezentrum in Bad Schmiedeberg meine Schuhe ausziehe. Nicht einfach, weil mir gerade danach ist, sondern weil ich den Barfußpfad in Angriff nehmen möchte.

Zugegeben, wer auch immer diese Worte gesagt oder geschrieben hat, dachte wohl in dem Moment weniger an Bad Schmiedeberg als an entferntere Gefilde, Strand und Meer. Zumindest Kindheitserinnerungen werden aber allemal wach, wenn man auf dem 1.240 Meter langen Rundgang wandelt. 

Der Pfad ist Teil des Kneipp-Angebots des Kurortes. In seinem 1889 erschienenen Buch „So sollt ihr leben“ gibt Sebastian Kneipp verschiedene Tipps zum „wirksamen“ Barfußgehen – etwa im nassen Gras oder auf nassen Steinen. Sein Fokus lag allerdings auf Abhärtung: Barfuß zu gehen sei das natürlichste und einfachste Abhärtungsmittel. So erstaunt es nicht, dass mich mein Weg auch über Splitt und Pflastersteine führt. Wenigstens bleiben einem frisch gemähte Getreidefelder erspart – die hatten mir als Kind nämlich allsommerlich blutige Füße beschert.

Aber schließlich besteht der Bad Schmiedeberger Barfußpfad nicht nur aus herausforderndem Untergrund, sondern auch aus gepflegtem Rasen, weichem Waldboden – und sogar feinkörnigem Sand, der die Füße umschmeichelt und gleichzeitig einen angenehmen Peelingeffekt hat. Überhaupt wird der Gesundheit viel Gutes getan, wenn man sich zwischendurch seiner Schuhe entledigt:

  • Die Fußmuskulatur wird gestärkt, man knickt weniger um.
  • Von Schuhtrends geplagte Füße und Zehen erholen sich und entstandene Schäden können sich zurückbilden.
  • Durch die natürliche Bewegungsabfolge profitieren Knie und Rücken. Bandscheiben werden geschützt und Blockaden der Wirbelsäule gelöst.
  • Wenn der Fuß richtig abgerollt wird, funktioniert der Wadenmuskel optimal als Blutpumpe. Das hilft bei Venenleiden und Krampfadern.
  • Und weil die Füße wieder frei atmen können, bekämpft man durchs Barfußlaufen auch Pilzinfektionen.

Wem das noch nicht genug ist, der kann am Moritz-Hauswald-Brunnen eine Pause einlegen und einen Becher Heilwasser trinken, um die gesundheitsfördernde Aktivität von innen heraus zu unterstützen.

Nach einigen beherzten Schlucken gehe ich gestärkt weiter, den blauen Schildern folgend, die übrigens auch Auskunft geben über den Untergrund, auf dem man sich gerade bewegt – zehn verschiedene sind es insgesamt. Und ganz bewusst soll der Barfußpfad die Aufmerksamkeit auf Einzelheiten richten, die sonst weniger im Fokus stehen. So wird der Spaziergang nicht nur zur Erlebnis-, sondern auch zur Entdeckungstour.

Am Ende, nach vollbrachten 1.240 Barfuß-Metern, wartet – wie könnte es in Bad Schmiedeberg anders sein – kühles Nass, um die strapazierten Füße zu waschen oder sich gleich noch einen Knieguss zu gönnen. Und die zurückgelassenen Schuhe, die auf mich warten, lösen ein widersprüchliches Gefühl aus. Denn eigentlich geht es sich doch am schönsten barfuß.