Dass Heilkräuter trotz dem Siegeszug der chemischen Pharmazie nicht in Vergessenheit gerieten, ist auch Sebastian Kneipp zu verdanken. Im Kneipp-Garten des Eisenmoorbads führen wir seine Tradition fort. Aber auch Sie können sich ganz einfach eine kleine Kräuter-Apotheke einrichten. Unsere Tipps!
Seit Menschengedenken werden Pflanzen gegen Beschwerden und Leiden eingesetzt. Schon Ötzi, die 1991 in den Südtiroler Alpen gefundene Gletschermumie, trug in seiner Tasche Birkenporlinge mit sich – ein Pilz, der desinfizierend wirkt und als Tee bei Wurmbefall und Magenbeschwerden hilft.
In allen Kulturkreisen der Welt wurde das Wissen um die Heilkraft von Pflanzen von einer Generation an die nächste weitergegeben und zum Teil schon früh systematisch erfasst. Die ältesten schriftlichen Aufzeichnungen stammen aus Mesopotamien, wo um etwa 3000 v. Chr. Pflanzenporträts und Anwendungen auf Tontafeln geschrieben wurden.
Verfechter der Kräuterheilkunde
Mit dem Beginn der chemischen Medikamentenproduktion und der synthetischen Herstellung von Wirkstoffen verschob sich der Fokus: Natürliche Anwendungen waren erst einmal kaum mehr von Interesse und wurden eher belächelt.
Dennoch gab es auch zu dieser Zeit Menschen, die sich um das Bewahren des alten Wissens bemühten. Sebastian Kneipp war einer von ihnen. Die Geringschätzung, die den Kräutern zu seinen Lebtagen entgegengebracht wurde, konnte er nie nachvollziehen: „Gegen das aber, was man im Überfluss hat, wird man gleichgültig; daher kommt es auch, dass viele hundert Pflanzen und Kräuter für wertlose Unkräuter gehalten und mit den Füßen zertreten werden, anstatt dass man sie beachtet, bewundert und gebraucht.“
Einzigartige Kräuterapotheke im Eisenmoorbad
Geprägt wurde Kneipp bereits in frühen Jahren von seiner Mutter, die in ihrer Gegend bekannt war für ihre kräuterheilkundigen Kenntnisse. Eine mehr wissenschaftliche Herangehensweise soll Kneipp sich dank des Botanikers Christoph Ludwig Köberlin angeeignet haben.
In seinem 1886 erschienenen Buch „Meine Wasserkur“ widmet er der Kräuterheilkunde ein ausführliches Kapitel und beschreibt 40 Kräuter für die hauseigene „Kräuterapotheke“. Diese und andere einheimische Kräuter finden Sie bei uns im Garten des Kneipp-Therapiezentrums. Unsere Anlage ermöglicht es, dass die Pflanzen auch im Winter gedeihen. Entsprechend kann das Eisenmoorbad – und das ist einzigartig – die Pflanzentherapie ganzjährig anbieten.
Und zu Hause?
Für den eigenen Kräutergarten können Sie aber auch kleiner anfangen. Selbst auf dem Balkon lässt sich ein kleiner Fundus an Heilkräutern kultivieren. Wie wäre es zum Beispiel mit folgender Auswahl?
Borretsch
Die Blätter und Blüten schmecken wie Gurke, darum heißt Borretsch auch Gurkenkraut. Der Tee verschafft bei Entzündungen der Harnwege Linderung. Umschläge helfen zudem bei Wunden, Ausschlägen und Ekzemen.
Bockshornklee
Die bitteren Samen regen den Appetit an, haben aber auch blutzuckersenkende Eigenschaften und können unterstützend bei Diabetes angewendet werden. Werden die Samen gekocht, bis ein Brei entsteht (ca. 10 min), können Wickel gegen Hautentzündungen und Furunkel aufgelegt werden.
Kamille (auf dem Balkon schwer zu ziehen)
Kamillentee beruhigt nicht nur, sondern lindert auch Bauchschmerzen und Erkältungssymptome. Nebenhöhlenentzündungen sowie unreine Haut können mit einem Dampfbad behandelt werden. Ein Sitzbad empfiehlt sich bei Scheidenentzündungen.
Kresse
Gerade im Frühling, aber auch sonst bei Müdigkeit ist Gartenkresse hilfreich. Außerdem liefert sie Vitamin C, das wichtig ist für das Immunsystem. Dasselbe gilt für die Kapuzinerkresse mit ihren leuchtenden Blumen. Sie wirkt sowohl bei Infekten der Harnwege als auch bei Entzündungen der oberen Atemwege.
Lavendel
Lavendelblütentee hilft uns, nach einem stressigen Tag wieder zur Ruhe zu finden und Kraft zu schöpfen, aber auch bei Blähungen. Als Öl vertreibt Lavendel Mücken (und Motten im Kleiderschrank).
Melisse
Als Tee entfaltet Melisse abends eine schlaffördernde, morgens eine belebende Wirkung. Eingesetzt werden kann er zudem bei Verdauungsbeschwerden oder leichten Bauchkrämpfen. Äußerlich wird Melissenöl mit seiner antiviralen Wirkung erfolgreich zur Behandlung wunder Stellen bei Lippenherpes eingesetzt.
Minze
Magen-Darm-Probleme und Übelkeit können mit Tee behandelt werden. Bei Kopfschmerzen hilft ein Umschlag, der auf die Stirn gelegt wird. Bei Erkältungen kann Öl entweder inhaliert oder eingerieben werden.
Ringelblumen
Als Salbe ist die Verwendung von Ringelblumen weitverbreitet. Aber auch als Tee haben sie eine heilende Wirkung, und zwar bei Verdauungs- und Menstruationsbeschwerden. Als Gurgelmittel kann der Tee bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum angewendet werden.
Rosmarin
Rosmarin kann nicht nur zum Würzen von Speisen verwendet werden, sondern ebenso als Tee. Er wirkt appetitanregend und verbessert die Leber- und Gallenfunktion. Äußerlich hilft Rosmarin in Form von Salben oder Massageölen bei Gelenk- und Muskelrheumatismus sowie Durchblutungsstörungen. Und als Badezusatz eignet er sich bei Kreislaufbeschwerden und Erschöpfungszuständen.
Salbei
Die antibakterielle Wirkung bei Husten und Halsentzündungen ist bekannt. Salbeitee regt aber auch den Stoffwechsel an und wird empfohlen bei übermäßigem Schwitzen (etwa bei Nachtschweiß oder während der Wechseljahre). Das Kraut wird außerdem zur Unterstützung beim Abstillen empfohlen, da es die Milchsekretion vermindert, und kann äußerlich zur Behandlung von Wunden eingesetzt werden.
Thymian
Thymiantee ist ebenfalls vielseitig anwendbar: Innerlich angewendet wirkt Thymian schleimlösend bei festsitzendem Husten. Er stärkt die Leber, lindert Verdauungsprobleme und Sodbrennen und soll überdies als Mittel gegen einen Kater helfen. Äußerlich wirkt ein Aufguss bei der Behandlung von Hautproblemen, die durch Viren, Pilze oder Bakterien ausgelöst wurden.
***
Autorin: Constanze Zepperitz arbeitet seit 2005 als Leiterin Garten- und Parkpflege im Eisenmoorbad.