Dinge geschehen lassen

Der Kurpark in Bad Schmiedeberg ist vieles: Erholungsoase, Lebens-, Bildungs- und Aktivitätenraum, Geschichtenerzähler – und Kunsterlebniswelt. Wer heute durch den Park wandelt, entdeckt zwischen Blumen, Bäumen und Kneippanlagen drei überdimensionale Edelstahlwerke, geschaffen vom Wittenberger Künstler Siegfried Appelt. Sie laden ein zum Verweilen und zum Blick hinter das Sichtbare.

Überlebensgroß wartet sie zwischen den Bäumen, schaut ins Grün und bietet den Vorbeikommenden die Gelegenheit, genau dasselbe zu tun: innezuhalten, die Umgebung zu beobachten und den eigenen Gedanken Raum zu lassen. „Bei der Libelle ging es mir darum, eine Form aus dem Tierreich so zu abstrahieren, dass sie nutzbar wird. Sie so zu verändern, dass es eine Bank wird“, erklärt Appelt. Das mag einfach klingen.  Aber Edelstahl lässt sich nicht beliebig verformen und verbiegen. Auch heute noch, nach all den Jahren als Maler, Grafiker, Bildhauer, Künstler wird der 65-Jährige bei seiner Arbeit überrascht: „Jedes Material fordert sein Naturell ein. Plötzlich sagt es ‚Stopp!‘, so bitte nicht. Und dann findet man manchmal Formlösungen, die man vom Gefühl her nicht gewählt hätte.“

Das Gefühl gibt die Richtung vor

Es ist dieses Unplanbare, der Gang ins Unbekannte, der Appelt immer wieder von Neuem inspiriert und bewegt. Zu Beginn eines Werkes habe er nie eine klare Formvorstellung, sagt er. „Ich nehme eine Stimmung auf und fange an zu arbeiten, um eine Form zu finden. In jedem anderen Bereich ist das Rationale vorherrschend. Die Kunst sollte das Privileg behalten, sich über das Gefühl leiten zu lassen.“

Geprägt wurde und wird der Wittenberger auch von seiner Frau Ute, die nicht nur als Bildhauerin, Keramikerin und Zeichnerin tätig ist, sondern auch als Schamanin. Genaues Hinschauen – in sich selbst und in die Natur – weist so den Weg. Entstanden sind dadurch unter anderem mehrere Werke, die Tierkreiszeichen repräsentieren.

Im Eisenmoorbad steht der Steinbock. Künstlerisch geht es Appelt nicht nur um die Ästhetik und Balance, sondern genauso um die Verbindung von Himmel und Erde, das heißt die Konstellation der Sterne zu einer bestimmten Jahreszeit und die Beobachtung, wie die Natur sich in diesem Moment zeigt. „Zurück zur Quelle“, nennt Appelt diesen Schaffensprozess.

Die Natur im Wandel der Jahreszeiten steht auch im Kurpark im Mittelpunkt. Die Anlage verändert sich laufend – nach der sommerlichen Pracht wird bald der Herbst einkehren und dem Park ein neues Gesicht verleihen. Ein Ort der Entdeckung bleibt er in allen Monaten.

Moderne Akzente im historischen Park

Bis Ende September sind die Edelstahlwerke noch ausgestellt. Das dritte Werk trägt den Namen „Windspiel“. Auch hier stand die Natur Pate: Es sind lange Grashalme, die sich im Wind bewegen. Die Form geht fließend über vom Stängel zur Knospe.

Siegfried Appelt ist in Bad Schmiedeberg kein Unbekannter. In der Rehabilitationsklinik 1 finden sich ein Wandbild, eine Wandcollage und ein Brunnen von ihm. Gemeinsam mit seiner Frau schuf er eine Plastik für dieselbe Klinik sowie die Brunnenfiguren für den Trinktempel. Die jetzige Ausstellung der Stahlskulpturen im Kurpark verfolgt verschiedene Ziele, wie Uwe Hesse, Marketingleiter des Eisenmoorbades, sagt. Nach den Corona bedingten Einschränkungen sollte Kunst den Patientinnen und Patienten, Gästen und Besuchenden wenigstens im Außenbereich wieder zugänglich gemacht werden. Zudem sorgen die Werke auf dem historischen Gelände für moderne Akzente. Und nicht zuletzt wollte man das einheimische Kunstschaffen unterstützen.

Der Heimat treu geblieben

Appelt selbst ist mit Bad Schmiedeberg seit seiner Kindheit vertraut. Mit seinen Eltern verbrachte er in der Umgebung oft Wandertage, vor allem wenn Schnee lag. Heute betreibt er zusammen mit anderen Künstlerinnen und Künstlern den Kunsthof Markt 4 in Wittenberg, gibt Malkurse und betreut angehende Kunstschaffende. Den Austausch mit den Jugendlichen empfindet er als bereichernde Abwechslung zu seiner Arbeit im Atelier. Ihre Gedanken und Impulse regen auch ihn an. Einen künstlerischen Traum hingegen verfolgt er nicht: „Ich genieße es, wenn Dinge einfach passieren. Alles andere wäre ein Abarbeiten.“

 

Autorin: Bettina Bichsel bloggt für das Eisenmoorbad rund um Lesenswürdiges, Medizinisches, Gesundes und Kneipp-Spezifisches.  

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