Aus medizinischer Sicht ist es ein Routine-Eingriff. Für Betroffene, die ein künstliches Gelenk erhalten, bedeutet die Operation aber oft eine einschneidende Lebensveränderung. Die dreiwöchige Reha im Anschluss ist deshalb nicht nur wichtig, um Infektionen zu vermeiden und die Gelenkfunktion zu trainieren. Es geht – vor allem wenn die OP berufliche Auswirkungen hat – auch darum, sich auf die neue Situation einzustellen.
Über 400.000 künstliche Hüft- und Kniegelenke werden in Deutschland jedes Jahr bei Patientinnen und Patienten eingesetzt. Hinzu kommen andere Gelenke, wie Sprung-, Ellenbogen-, Hand- oder Fingergelenke und Bandscheiben. Damit gehört die Endoprothetik zu den Bereichen mit den meisten durchgeführten Operationen. Zu viele, wie kritische Stimmen bemängeln.
Und bevor es zu einem vollständigen Gelenksersatz kommt, bestehen durchaus andere Optionen, wie Dr. Alexander Schmidt, Ärztlicher Direktor der Rehabilitationskliniken in Bad Schmiedeberg, ausführt: „Konservative Methoden können beispielsweise bei Arthrose Moor- oder Radonkuren sein. Allgemein kann es helfen, mit gezieltem Training die Muskulatur zu stärken und die Beweglichkeit zu fördern. Und wenn nur ein Teil des Gelenkes betroffen ist, wird erst einmal diese Teilschädigung behandelt, d.h. bei einer Fehlstellung wird die Beinachse operativ korrigiert.“ Mit einer solchen sogenannten Umstellungsosteotomie werden die Gelenke entlastet. Im besten Falle vermindern sich die Schmerzen und weitere Abnutzungen können zumindest hinausgezögert werden. Oder es werden – gerade beim Knie – nur Teile des Gelenks ersetzt.
Dass die Zahl der eingesetzten Gelenkprothesen weltweit kontinuierlich ansteigt, hängt nicht zuletzt mit der gestiegenen Lebenserwartung zusammen – aber auch mit unseren Gewohnheiten und damit verbundenen Zivilisationskrankheiten. Übergewicht und mangelnde Bewegung sind Faktoren, die Arthrose begünstigen und damit das Risiko erhöhen, plötzlich auf ein künstliches Gelenk angewiesen zu sein.
Damit die Patientinnen und Patienten auch mit dem neuen Gelenk aktiv bleiben können, beginnt die Reha möglichst bald nach der OP. In Bad Schmiedeberg kann sie stationär oder ambulant durchgeführt werden und setzt dabei auf drei Ebenen an:
Erstens geht es darum, Infektionen zu vermeiden, wobei das Risiko besonders in der ersten Phase hoch ist. Mit Bluttests und Wundkontrollen wird der Heilungsprozess entsprechend überwacht.
Zweitens müssen sich die Patientinnen und Patienten an das neue Gelenk gewöhnen, die Muskulatur wieder stärken und ihre Beweglichkeit verbessern. Wie rasch eine Besserung eintritt, hängt von der allgemeinen Konstitution und anderen Faktoren ab. Nicht zuletzt wurde die Muskulatur in der Regel schon lange vor der Operation geschwächt, weil Bein oder Arm schmerzbedingt geschont wurden. Dennoch sind laut Dr. Schmidt oft schon nach zehn Tagen Erfolge sichtbar; und viele Betroffene mit neuem Hüftgelenk können nach den drei Wochen Reha bereits kurze Strecken ohne Gehstütze gehen und diese im weiteren Verlauf ablegen.
Drittens müssen immer auch mögliche Einschränkungen thematisiert werden, gerade in beruflicher Hinsicht. Tätigkeiten, die man oft kniend oder in der Hocke ausführen muss, aber auch schwere Trage- und Hebearbeiten sind nicht mehr möglich. Betroffen sind also beispielsweise Handwerker oder Landwirte. Insgesamt bedeutet eine OP gemäß Dr. Schmidt bei rund jeder und jedem fünften Betroffenen, dass der bisherige Beruf nicht mehr wie gewohnt ausgeübt werden kann. Und da sich seiner Erfahrung nach viele damit vor dem Eingriff nicht auseinandergesetzt haben, sind Aufklärung und Beratung in der Reha besonders wichtig. Was darf ich noch machen, was geht nicht mehr? Welche Auswirkungen hat das auf mein (berufliches) Leben? Für diese Fragen stehen das Ärzteteam und die Mitarbeitenden des Sozialdienstes zur Verfügung. Braucht es Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung, Veränderungen am Arbeitsplatz oder eine Umschulung, helfen sie bei den entsprechenden Anträgen.
In der dreiwöchigen Reha wird so der Grundstein für die Genesung gelegt. Auch danach sollten aber unbedingt geeignete Nachsorge- oder Sportangebote der Rentenversicherung und Krankenkassen in Anspruch genommen werden, um den Rehabilitationsprozess weiter zu fördern. Im Eisenmoorbad stehen dafür beispielsweise modernste Geräte der Medizinischen Trainingstherapie zur Verfügung.
Insgesamt kann es Wochen bis Monate dauern, bis man sich ganz von dem Eingriff erholt hat – vor allem bei einem neuen Kniegelenk ist in einigen Fällen eine spürbare Besserung erst nach einem Jahr da. Unabdingbar – auch für die Funktion und Haltbarkeit der künstlichen Gelenke – ist Bewegung. Allerdings eignet sich nicht jede Sportart, weshalb Aktivitäten unbedingt ärztlich abgesprochen werden sollten. Grundsätzlich gilt: Runde, fließende Bewegungen sind gelenkschonender und somit besser.