Für eine gesunde Ernährung ist es nie zu spät

„Für eine gesunde Ernährung ist es nie zu spät.“

Laura-Maria Kastello

Laura-Maria Kastello

Redakteurin

Erkrankungsbedingte Ernährungsumstellungen sind kein einfaches Thema. Was soll ich mit Vollkorn und Gemüse anfangen, wenn ich doch viel lieber Wurst und Pommes esse? Im Eisenmoorbad Bad Schmiedeberg werden die Menschen in ihren individuellen Ernährungsgewohnheiten abgeholt. Niemand muss das eigene Essverhalten völlig umkrempeln. Und beim Kochkurs merken die Teilnehmenden sogar: „Gesund kann ja total lecker sein!“

Ob in den Beratungsgesprächen oder beim therapeutischen Kochen, der Enthusiasmus der Patientinnen und Patienten, die zu Sandra Schneider kommen, ist in der Regel zu Beginn eher gedämpft. Die Ernährungsberaterin des Eisenmoorbades hat dafür großes Verständnis: „Man weiß ja nicht, was auf einen zukommt.“ Da ist zum einen die Angst, dass von heute auf morgen die Lieblingsspeisen vom Menüplan gestrichen werden und der Spaß beim Essen ausbleibt. Zum andern befürchten angesichts der Erkrankung viele, dass sie nun für sich und die Familie unterschiedlich kochen müssen und entsprechend alles komplizierter und aufwändiger wird.

All diese Ängste kann Sandra Schneider jedoch schnell aus dem Weg räumen. Ihr geht es um pragmatische Lösungen, die sich im Alltag umsetzen lassen und nachhaltig sind: „Wir schauen gemeinsam, wie die eigene Ernährungsform optimiert werden kann und wo auch die Bereitschaft besteht, tatsächlich etwas zu ändern.“ Konkret kann das bedeuten, den morgendlichen Weißtoast mit Vollkorntoast zu ersetzen oder statt Cornflakes und Industriemüsli, die viel Zucker enthalten, ein Müsli aus Haferflocken, Nüssen, frischen Früchten, Naturjoghurt und Honig zu essen. Verbote hat dagegen niemand zu befürchten. Sie werden in der heutigen Ernährungslehre nicht mehr als sinnvoll betrachtet (außer natürlich bei Allergien, wo falsche Lebensmittel zu lebensbedrohlichen Symptomen führen können). Wichtig ist indes, über die Risiken aufgeklärt zu sein, wenn Ernährungsgewohnheiten nicht verändert werden. Wer etwa an Gicht leidet, läuft Gefahr, einen neuen Schub auszulösen, wenn zu viel Fleisch, Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen oder Erbsen sowie Alkohol konsumiert werden. Oder: Wer einen Herzinfarkt erlitten hat, aber nicht auf seine fettreiche Lieblingswurst verzichten möchte, erhöht damit nachweislich das Folgerisiko. Solche Informationen erhalten die Patientinnen und Patienten in Einzel- und Gruppengesprächen. Was sie daraus machen, bleibt ihre Entscheidung.

Im Kochkurs zeigt sich allerdings auch schnell, dass eine gesunde Ernährung weder kompliziert noch (geschmacklich) langweilig ist. Und: Die Rezepte, die Sandra Schneider mit auf den Weg gibt, sind immer für die ganze Familie konzipiert. Da gibt es zum Beispiel Schüttelpizza, die man auch gleich in verschiedenen Varianten machen kann. So bleibt nach dem Abendessen noch etwas übrig für die Mittagspause am nächsten Tag. Ofengemüse oder Gemüsebratlinge sind vollwertig und mineralstoffreich. Dabei stellt die Ernährungsberaterin auch gerne sogenannte Pseudogetreidesorten wie Buchweizen, Quinoa oder Amarant vor, die vielen vielleicht noch unbekannt sind. Entsprechende Berührungsängste, aber auch Vorurteile lassen sich so ausräumen. Letztere beobachtet Sandra Schneider auch immer wieder, wenn es um Vollkornnudeln geht – vor allem wegen deren Farbe. Ihr Trick: „Ein Teelöffel Kurkumapulver ins Kochwasser und schon verfärben sich die Nudeln. Ist erst einmal der optische Widerstand weg, sind die Teilnehmenden ganz erstaunt, wie lecker die Vollkornteigwaren schmecken.“ Und natürlich darf auch Nachtisch nicht fehlen: Aus Kakao, Avocado und Datteln kann zum Beispiel ganz leicht ein schmackhaftes Schokoladenmousse gezaubert werden.

Nach dem Kochen sitzen die Teilnehmenden am schön gedeckten Tisch zum Essen zusammen. Auch das ist eine wichtige Komponente, denn sich Zeit zu nehmen, langsam zu kauen und das Essen zu genießen gehört ebenso zu einer gesunden Ernährungsform wie die Auswahl der Lebensmittel. Plötzlich merkt man, dass man von viel kleineren Portionen als gewohnt satt wird. Und die Motivation ist gerade nach dem gemeinsamen Kochen spürbar größer.

Sandra Schneider betont zudem: „Es ist nie zu spät für eine Ernährungsumstellung.“ Zwar kann es ein paar Wochen dauern, bis die Effekte mess- und spürbar werden. Aber auch mit 80 Jahren und nach erfolgtem Herzinfarkt lassen sich Folgeschäden und Risiken für eine Neuerkrankung minimieren. Man wird fitter und vitaler.

Category : Gesundheit
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